Coronavirus und die Folgen II

Coronavirus und Verdienstausfall

Aufgrund der erhöhten Nachfrage möchte ich Ihnen kurz die Regelungen der §§ 56-59 IfSG hinsichtlich Entschädigungszahlungen detaillierter vorstellen:

Begriffe

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, 4-6 IfSG sind

„Krankheitserreger“: Viren, Bakterien, Pilze, Parasiten o.ä., der/die bei Menschen eine Infektion oder übertragbare Krankheit auslösen können;

„Kranke“: Personen, die an einer übertragbaren Krankheit erkrankt sind;

„Krankheitsverdächtigte“: Personen, bei denen Symptome für eine Krankheit bestehen;

„Ausscheider“: Personen, die Krankheitserreger ausscheiden und daher eine Ansteckungsquelle sein können, ohne dass sie krank oder krankheitsverdächtig sind;

„Ansteckungsverdächtige“: Personen, von der anzunehmen ist, dass sie Krankheitserreger aufgenommen haben, ohne selbst krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider zu sein.  

Entschädigung für Arbeitnehmer, Heimarbeiter

Nach § 56 Abs. 1 IfSG erhalten Ausscheider, Ansteckungsverdächtige, Krankheitsverdächtige und sonstige Träger von Krankheitserregern bei Verbot der Tätigkeitsausübungen Entschädigung. Mehraufwendungen erhalten Sie bei Existenzgefährdung auf Antrag (§ 56 Abs. 4 IfSG).

In den ersten sechs Wochen wird die Entschädigung in Höhe des Verdienstausfalls gewährt, dann in Höhe des Krankengeldes. Als Verdienstausfall gelten das Arbeitsentgelt abzüglich Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen ggf. zuzüglich Kurzarbeitergeld und Zuschluss-Wintergeld. Für Heimarbeiter gilt das aus dem Verdienst der letzten 12 Monate vor dem Verbot oder der Absonderung resultierende durchschnittliche Monatsentgelt.

Achtung: Frist beachten

Gezahlt wird die Entschädigung in den ersten sechs Wochen vom Arbeitgeber, danach von der zuständigen Landesbehörde, dann allerdings nur auf Antrag (s. § 56 Abs. 5 S. 2 IfSG).

Die Fälligkeit richtet sich nach der Fälligkeit aus dem Arbeitsverhältnis.

Anzurechnen sind im Einzelfall Arbeitgeberzuschüsse, Einkünfte aus anderweitiger erlaubter Tätigkeit, böswilliger unterlassener anderweitiger Erwerb, Arbeitslosengeld. Die sehr detaillierte Regelung ist hier verkürzt dargestellt.

Während des Tätigkeitsverbots entstehende Arbeitsunfähigkeit reduziert den Anspruch der Höhe nach nicht.

Muss der Arbeitsgeber die Entschädigung zahlen, erhält er auf Antrag eine Erstattung von der zuständigen Landesbehörde, der binnen 3 Monaten ab Tätigkeitsverbot oder Absonderung des Arbeitnehmers zu stellen ist. Auf Antrag erhält der Arbeitgeber einen Vorschuss in voraussichtlicher Höhe des Erstattungsbetrags (§ 56 Abs. 5 und 12 IfSG).

Achtung: Ausschluss des Anspruchs

Das alles gilt nicht und der Arbeitnehmer/Heimarbeiter erhält keine Entschädigung, wenn er eine Schutzimpfung oder andere spezifische prophylaktische Maßnahme trotz gesetzlicher Vorschrift (seit 1.1.2020 z.B. Masernimpfung, § 2 Abs. 8 IfSG) oder öffentlicher Empfehlung der örtlichen Behörde verweigert und dadurch ein Tätigkeitsverbot oder eine Absonderung hätte vermieden werden können.

Sozialversicherungsrechtliche Folgen

Wer als Arbeitnehmer oder Heimarbeiter eine Entschädigung erhält, bleibt gesetztlich sozialversichert, § 57 IfSG. Gleichzeitig gilt ein Ausscheider als körperlich Behinderter, § 58 IfSG

Entschädigung für Selbständige

Für Selbständige geltend die Regelungen, Anrechnungen, Fristen und Ausschlüsse sinngemäß mit folgenden Abweichungen:

Bei diesen bemisst sich die Entschädigungshöhe nach dem Monatsdurchschnitt des Einkommens aus dem vorangegangenen Jahr seit Tätigkeitsverbot oder Absonderung. Ruht der Betrieb oder die Praxis des Selbständigen erhalten diese für die nicht gedeckten Betriebsausgaben zusätzlich eine Erstattung  im angemessenen Umfang, § 56 Abs. 4 IfSG. Der Betrag ist auf Antrag bei der zuständigen Landesbehörde fällig jeweils zum Monatsersten für den abgelaufenen Monat.

Eigene Aufwendungen zur Sozialversicherung werden nach § 58 IfSG ebenfalls auf Antrag in angemessenem Umfang erstattet. Dieser angemessene Umfang wird noch gekürzt, falls aus einer Ersatztätigkeit Einkünfte erzielt werden. Bei einer Existenzgefährdung besteht zwar nach § 56 Abs. 4 ISG ein Vorschussanspruch, aber wieder nur in angemessenem Umfang und nicht erstreckt auf die Sozialversicherungsbeträge (dies scheint mir ein Lapsus des Gesetzgebers zu sein).

Absurd: Wenn ein Selbständiger keine Aufträge mehr erhält, lässt ihn der Staat hängen., obwohl von seinen Steuergeldern die Entschädigungen für alle Unselbständigen gezahlt werden. Erst wenn er ein Betriebsverbot erhält oder in Quarantäne muss, steht ihm die Entschädigung zu.

Eine Bitte in eigener Sache: Fragen Sie bitte nicht, was unter „angemessenem Umfang“ zu verstehen ist. Diese Wischi-Waschi-Formulierungen geben den Behörden einen erheblichen Spielraum, verlässlich ist das nicht. Auch die Bearbeitungsdauer des in Thüringen zuständigen Landesverwaltungsamtes in Weimar lassen eine effektive Hilfe unrealistisch erscheinen.

Bilden Sie möglichst Rücklagen!

Kinderbetreuung

In zahlreichen Gebieten wurde die Schließung von Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen angeordnet. Dies stellt für viele Familien ein Problem bezüglich der Betreuung dar.

Dies berechtigt nicht, die Arbeitsleistung einzustellen!

Eine Grundregel im Arbeitsrecht lautet: Keine Arbeit, keine Vergütung (§§ 275 und 326 BGB).

Stellt Ihr Arbeitgeber Sie dennoch frei, seht Ihnen also kein Anspruch auf Vergütung zu.

Keine Entschädigung nach IfSG

Es steht Ihnen auch kein Anspruch nach §§ 56ff. IfSG auf Verdienstausfall u.a. zu. Der Gesetzgeber hat die Problematik der fehlenden Kinderbetreuung, vor allem bei Alleinstehenden, offenkundig nicht erkannt. Von einer traditionellen Betreuung durch Großeltern wird wegen deren höheren Infektionsrisikos ausdrücklich abgeraten.

Keine Entgeldfortzahlung nach EfZG

Die Notwendigkeit der Kinderbetreuung ist keine Krankheit nach § 3 EfZG.

Auswege?

Wenn die betriebliche Situation es zulässt, können Sie bezahlten Urlaub nehmen.

Spielt der Arbeitgeber mit, können Sie unbezahlten Urlaub erhalten.

Sofern die Betreuungssituation nur vorübergehend problematisch ist, kann im Einzelfall ein Freistellungsanspruch aus § 616 BGB bestehen. Die Rechtsprechung hat bezüglich dieser Vorschrift aber bisher keine klare zeitliche Grenze entwickelt (höchstens aber wohl 6 Wochen, m.E. bei zwei Elternteilen nur 3 Wochen). Diese Vorschrift kann durch Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag abgeändert werden. Prüfen Sie also die vertragliche Sitaution. Ansprüche aus § 616 BGB und 56 IfSG werden aufeinander angerechnet.

Vom Arbeitgeber kann Kurzarbeit angeordnet werden. Diese muss beim Arbeitsamt angemeldet und genehmigt werden, um wirtschaftliche Nachteile zu vermeiden.

Sofern möglich, kann Homeoffice eine Lösung sein. Ein Anspruch des Mitarbeiters hierauf besteht kraft Gesetzes nicht. Eine Pflicht zum Homeoffice ist kraft Gesetzes ebensowenig erkennbar.

Fazit:

Bei dieser Thematik ist Einvernehmen das Mittel der Wahl.

Impfschaden

Sollte es in Zukunft eine Impfung oder Prophylaxe gegen den Coronavirus geben und Sie erleiden einen Impfschaden nach vorangegangener Impfpflicht oder öffentlicher Empfehlung,  erhalten Sie eine Entschädigung nach dem Bundesversorgungsgesetzes und Heilbehandlung und weitere Heilmaßnahmen im Rahmen der §§ 60 und 61 IfSG.

Lassen Sie sich nicht impfen oder ergreifen Sie keine angemessenen prophylaktischen Maßnahmen, erleiden Sie womöglich keinen Impfschaden, erhalten aber auch keine Entschädigung.

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