Referententwurf zur Vorratsdatenspeicherung

Nach den Leitlinien des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) vom 15.4.2015 wurde am 15.5.2015 ein Referentenentwurf zur Neuregelung der so genannten Vorratsdatenspeicherung und einer Strafnorm zur Datenhehlerei vorgelegt.

Wie zu erwarten war, ist der Referentenentwurf kaum geeignet, eine verfassungsgerichtliche Hürde zu meistern. Weiterhin bleiben erhebliche Lücken bei der Darlegung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der geplanten Regelungen. Das „diffus bedrohliche Gefühl des Beobachtetseins“, wie es das Bundesverfassungsgericht in seiner damaligen Entscheidung (BVerfGE 125, 260, 316ff.) ausdrückte, bleibt. Ich hatte hierüber bereits nach Veröffentlichung der Leitlinien berichtet.

Die auf Druck der CDU durch die CDU/CSU/SPD-Koalition gewünschten Regelungen versuchen zwar, die Rechtsprechung des EuGH und des BVerfG umzusetzen, aber immer noch verwechseln die Befürworter die vom BVerfG angenommene generelle Eignung mit der Erforderlichkeit und lassen die Verhältnismäßigkeit außer acht. Nur mühsam scheint der Gesetzgeber die Grundrechte seiner Bürger wahren zu wollen.

Die Ungeeignetheit für die Gefahrenabwehr zeigt der Anschlag auf das Pariser Satiremagazin „Charlie Hebdo“.

Die mangelnde Eignung im Rahmen der Strafverfolgung zeigt ein Bericht des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages aus dem Jahr 2011, wonach die Vorratsdatenspeicherung europaweit nahezu keine Auswirkung auf die Verbrechensbekämpfung hat. Ein Rechtsgutachten desselben Hauses auf Basis von LKA-Datenmaterial zeigt eine Erhöhung der Aufklärungsquote um 0,006% –  wenn man weiß, das Aufklärung keineswegs bedeutet, dass der richtige Täter ermittelt wurde oder gar verurteilt wurde, also faktisch 0%. Die Überwachung aller Bürger beträgt hingegen 100%.

Enorme Probleme ergeben sich im Hinblick auf die Datenerhebung, da die Zweckbindung der Datenerhebung der Rechtsprechung des EuGH nicht gerecht wird. Ob die „nach dem Stand der Technik höchstmögliche Datensicherheit“ gewährleistet wird, darf bezweifelt werden – die aktuellen Angriffe gegen den Bundestag machen deutlich, dass Geheimdienste von Freund und Feind offensichtlich vor nichts halt machen.

Berufsgeheimnisträger wie ich sind besonders besorgt. Die Entwurf greift tief in das Anwaltsgeheimnis ein und weiterhin soll die Datenerfassung zulässig bleiben, erst deren Verwertung unterbleiben. Lesen Sie dazu die umfassende Stellungnahme des Deutschen Anwaltvereins (pdf).

 

Datenhehlerei wird staatlich sanktioniert, der Staat selbst darf aber illegal gesammelte Daten verwenden. Bekannt aus den gestohlenen Kundendaten Schweizer Banken. Was das mit Rechtsstaatlichkeit zu tun haben soll, verschließt sich mir.

 

Fazit:

Justizminister Maas hat bis letztes Jahr zu Recht die Vorratsdatenspeicherung abgelehnt. Jetzt das Gegenteil zu vertreten, ist völlig inakzeptabel.

 

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