Gewerbemiete in Corona-Zeiten

Die Gewerbemiete in Corona-Zeiten belastet von Schließungsanordnungen betroffene Unternehmen erheblich. Wie ist die Situation rechtlich zu bewerten? Kann der Mieter die Miete reduzieren?

Der Gesetzgeber hat im Covid19-Folgen-Abmilderungsgesetz (Bundesgesetzblatt 2020 I Seite 569) Kündigungsschutz für pandemiebedingte Zahlungsausfälle gewährt. Die Mietzahlungsverpflichtung bleibt dem Grunde nach hingegen bestehen.

Mittlerweile liegen einige erste gerichtliche Entscheidungen vor, die regional unterschiedlich dem Gewerbemieter eine Reduzierung der Gewerbemiete versagen (Übersicht bei Drasdo, NJW-Special 2021, S. 33 und S. 97).

Update 11.11.2021: Der Bundesgerichtshof verhandelt über die Frage am 01.12.2021 zum Aktenzeichen VII ZR 8/21

Pressemitteilung des BGH, Nummer 209/2021

Update 02.02.2012: Eine Entscheidung wird am 12.01.2022 verkündet werden. Berichte lassen erkennen, dass ein simples 50% Mietminderung nicht gerechtfertigt sei. Dies leuchtet auch in der Tat nicht ein, wenn der Mieter eine Betriebsausfallversicherung besitzt oder staatliche Ausfallhilfen erhält.

Pandemie = Mietmangel?

Es stellt sich zunächst die Frage, ob eine behördliche Schließungsanordnung einen Mangel im Sinne des Mietrechts darstellt. Gewerbemieter in Corona-Zeiten fiele nicht an, wenn die ausgeschlossene Nutzung der Räume einen Mangel im Sinne von § 536 BGB darstellte.

Der Bundesgerichtshof (NJW 2011, 3151) bejaht das Vorliegen eines Mangels dann, wenn sich die Schließungsanordnung einer Behörde auf das konkrete Mietobjekt bezieht und nicht nur auf den Mieter oder sonstige betriebliche Umstände. Hiervon kann bei den aktuellen Anordnungen aber keine Rede sein. Denn das Betriebsverbot für ganze Branchen (Gaststätten, Friseure, Kosmetiker etc.) hat keinen unmittelbaren mietobjektbezogenen Anlass. Oder anders gesagt: Der Mieter könnte die Räume zu anderen Zwecken, die nicht untersagt sind, nutzen. Dies ist dann anders zu betrachten, wenn im Mietvertrag explizit geregelt ist, zu welchem Zweck die Vermietung erfolgt.

Unmöglichkeit?

Das Verwendungsrisiko liegt nach dieser Auffassung beim Mieter. Insoweit helfen auch nicht die Regelungen der Unmöglichkeit (§§ 275 BGB) mit der Rechtsfolge des Wegfalls der Gegenleistung (§ 326 BGB). Denn ab Übergabe des Mietobjektes gehen die Regelungen des Gewährleistungsrechts vor.

Vertragsanpassung?

Schließlich stellt sich die Frage, ob die Gewerbemiete in Corona-Zeiten eine Anpassung über § 313 BGB ermöglicht. Diese Norm führt zu einem Anspruch auf Vertragsanpassung für den Fall, dass sich die Umstände, die Grundlage des Vertrages bilden, nach Vertragsschluss schwerwiegend veränderten und die Parteien bei Kenntnis dieser Veränderung eine andere Regelung getroffen hätten, soweit einem Teil (hier dem Mieter) die Fortsetzung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nicht zugemutet werden kann.

Einfach gesagt: Hätten die Mietvertragsparteien geahnt, dass ein monatelanges Betriebsverbot wegen der Pandemie zu erwarten ist, hätten sie für diese Zeit womöglich eine Herabsetzung der Miete bis auf Null vorgesehen.

Die Rechtsprechung tendiert dazu, eine Vertragsanpassung wegen kürzerer Schließungszeiträume (Februar bis April 2020 ist bislang Thema gewesen) abzulehnen.
Es wird die These vertreten, dass ein wirtschaftliches gesundes Unternehmen in der Lage sein müsse, schwankende Umsatzzahlen und kurzzeitige Umsatzeinbußen zu verkraften, ohne dieses Risiko auf den Vermieter zu verlagern.
Dies trifft auf einen Konzern mit Milliardenumsätzen sicherlich zu, aber im Einzelfall das Solo-Unternehmen Nagelstudio so zu betrachten ist, ist zumindest fraglich.

Anmerkung: Dieses Problem besteht selbstverständlich nicht, wenn im Vertrag eine umsatzabhängige Miete vereinbart ist.

Ein Teil der Rechtsprechung hat in Einzelfällen eine Risikoanpassung dergestalt akzeptiert, dass sich Vermieter und Mieter die Einbußen teilen müssten, aber dies ist nicht als Regelsatz zu verstehen.

Situation bei Versicherung oder Entschädigung?

Eine Minderung der Miete oder Herabsetzung der Miete im Wege der Vertragsanpassung kommt dann nicht oder nur zum Teil infrage, wenn der Mieter Ersatzleistungen einer Betriebsausfallversicherung erhält. Gleiches muss gelten, wenn für den Umsatzausfall der Staat Entschädigungsleistungen zahlt.

Fazit:

Ein pauschales Urteil darüber, ob die Gewerbemiete in Corona-Zeiten nicht oder nur vermindert zu zahlen ist, ist nicht möglich. Im Grundsatz ist ein Anspruch des Mieters auf Mietminderung oder Vertragsanpassung zu verneinen. Einzelheiten besprechen Sie am besten mit Ihrem Anwalt.

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