§ 321a ZPO abschaffen!

Der Gesetzgeber sollte unverzüglich § 321a ZPO abschaffen. Die Ampelkoalition, die im Koalitionsvertrag nur wenige rechtspolitische Fragestellungen vereinbart hat, sollte diese sinnlose Regelung kippen.

Nach § 321a Abs. 1 ZPO ist auf Antrag einer betroffenen Partei das Verfahren fortzuführen, wenn ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.

Diese so genannte Gehörsrüge ist ebenso sinnlos, wie die Wettervorhersage durch Kaffeesatzlesen. In der Praxis fordert sie von demjenigen Richter oder Richtergremium, der/das nach Ansicht der Partei falsch entschieden hat, sich selbst zu korrigieren. Dies kann nicht von jedem Richter erwartet werden. Zu welchen sinnlosen Ergebnissen dies führen kann, kann aus einem Beschluss des Amtsgerichts Jena vom 20.12.2021 bewiesen werden (Mein Zeichen 2315/2020):

„Die Rüge war gem. § 321a Abs. 4 ZPO als unbegründet zurückzuweisen, da sämtlicher Sachvortrag und sämtliche Rechtsausführungen der Klägerseite sofern erforderlich vom Gericht hinreichend berücksichtigt wurden. Dass diese nicht im Urteil niedergelegt wurden, vermag hieran nichts zu ändern. … Das rechtliche Gehör dient nicht dazu, den eigenen Vortrag als das einzig Wahre und Geltende darzustellen. Vorliegend wurde sich mit allen Angaben der Klägerseite ausführlich beschäftigt, jedoch aufgrund des abgekürzten Urteils nur im geringen Maße schriftlich niedergelegt. Die Rüge war daher, wie geschehen, zurückzuweisen.“

Ob sich das Gericht tatsächlich mit den Ausführungen befasst hat oder nicht, bleibt offen. Welche Argumente überhaupt berücksichtigt wurden, ist bei einer derartigen Handhabung einer substantiierten Gehörsrüge niemals prüfbar. Der willkürlichen Entscheidung ist Tür und Tor geöffnet.

Bei der Gehörsrüge geht es auch nicht darum, die Einzigartigkeit der eigenen Auffassung darzustellen, sondern über die Frage, ob der Verfassungsgrundsatz des Art. 103 Abs. 1 GG, der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs, gewahrt wurde oder nicht.

Keine Befassung, aber trotzdem teuer

Damit sich der von dieser Geheimjustiz Betroffene auch richtig freut, ist die Entscheidung nicht mehr anfechtbar. Und „zur Strafe“ muss er auch noch 66 € Gerichtskosten zusätzlich bezahlen. Die einzige Möglichkeit, einer solchen Fehlentscheidung entgegenzutreten, besteht darin, Verfassungsbeschwerde einzulegen. Die Prozessbevollmächtigten hingegen, die mit der Angelegenheit bereits betraut waren, erhalten für die Rügebegründung und die mögliche Erwiderung keine Gebühren.

Die Vorschrift gehört daher zugunsten eines ordentlichen Rechtsmittels abgeschafft oder mindestens dahingehend geändert, dass nicht der erstentscheidende Richter über die Gehörsrüge entscheidet.

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