PoliScan Speed ist nur bedingt tauglich
Der Blitzer PoliScan Speed ist nur bedingt tauglich. Dies ist gängige Rechtsprechung des Amtsgerichts Jena.
Das Geschwindigkeitsmessgerät Poliscan Speed ist bei deutschen Ordnungsbehörden sehr beliebt. Es ist sehr einfach zu bedienen und ermöglicht Messungen über mehrere Fahrspuren hinweg . Es gibt es als Standgerät, als Fahrzeugeinbau oder auch als fest installierte Messsäule.
Eichung des Gerätes ist hinfällig
Aber Ende 2016 wurde erstmals festgestellt, dass die Regelbetriebsbedingungen, die für die Bauartzulassung durch die Physikalisch Technische Bundesanstalt (PTB) relevant waren, nicht eingehalten werden. Eigentlich sollen Messwerte nur in einem Rahmen zwischen 50 und 20 m Distanz zwischen Fahrzeug und Messgerät ausgewertet werden. Tatsächlich werden aber Werte auch außerhalb dieses Bereiches eingerechnet. Das Amtsgericht Jena geht trotz gegenteiliger Stellungnahme der PTB davon aus, dass durch diese bekannte Abweichung die Erreichung des Messgerätes hinfällig ist. Die Bauartzulassung ist Grundlage für eine funktionierende Eichung, wenn davon abgewichen ist, fällt die Eichung weg.
20 % höhere Meßtoleranz ist erforderlich
Dies bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des Gerichts (zuletzt Urteil vom 23. Oktober 2017, 308 Js 11476/17 12 Owi, bislang nicht veröffentlicht) zwar nicht, dass die Messung völlig unbrauchbar ist. Das Amtsgericht Jena verneint aber das Vorliegen eines standardisierten Messverfahrens und legt eine zusätzliche Meßtoleranz von 20 % zu Grunde.
In dem genannten Verfahren, in dem ich als Verteidiger tätig war, bedeutete dies, dass der Betroffene statt zu einer Geldbuße von 160 €, einem Monat Fahrverbot und 2 Punkten im Fahreignungsregister nur zur Zahlung eines Verwarnungsgeldes von 35 € verurteilt wurde. Punkte und ein Fahrverbot gab es natürlich nicht.
Die Rechtsprechung des Amtsgerichts Jena ist nicht unumstritten. Viele andere Amtsgerichte und auch Oberlandesgerichte bleiben dabei, dass schon alles seine Richtigkeit habe, weil ja eine Bauartzulassung erteilt worden sei. Dies ist aber der klassische Fall eines Zirkelschlusses und juristisch nicht haltbar.
Fazit:
Wie immer lohnt es sich, Geschwindigkeitsüberschreitungen nicht einfach als gottgegebene Maßnahme hinzunehmen, sondern anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Selbst wenn nicht immer mit einer Verfahrenseinstellung oder einem Freispruch gerechnet werden kann, ist eine Minderung der Folgen häufig möglich, insbesondere im Bereich von Fahrverbot.
Update 22.05.2018: Die Staatsanwaltschaft hatte Rechtsbeschwerde eingelegt und das OLG Jena hat mit Beschluss vom 17.05.2018 (Az.: 3 OLG 151 SsBs 2/18) das Urteil aufgehoben. Nunmehr gilt auch in Jena, dass konkrete Einwände gegen die Geschwindigkeitsmessung vorgebracht werden müssen, da anders der Richter „ohne konkrete Anhaltspunkte die Anforderungen an seine Überzeugungsbildung überspannt“. Und davor muss doch der arme Richter geschützt sein.
Welche Folgen sind nun zu erwarten?
Diese Entscheidung des OLG Jena bedeutet faktisch, dass Messungen mit dem Poliscan Speed nur noch in Ausnahmefällen erfolgversprechend in Frage gestellt werden können. Das Amtsgericht wird dem OLG folgen müssen.