Freispruch: Mimosiger Staatsanwalt vom AG Gera gebremst
Am Montag sprach das AG Gera einen Anwalt frei, der wegen angeblicher Verleumdung eines Staatsanwalts angeklagt war. Er hatte im Rahmen eines Prozesses der Staatsanwaltschaft Gera, die ihm Beweismittel nicht zur Prüfung vorlegen wollte, vorgeworfen, die Beweismittel könnten manipuliert sein. Dies erboste einen Oberstaatsanwalt dermaßen, dass er ein Strafverfahren einleitete.
Der Amtsrichter erkannte hingegen völlig zu Recht auf Freispruch: Der Anwalt darf im „Kampf ums Recht“ durchaus auch starke Worte gebrauchen darf, erst recht wenn es sich nur um eine Bemerkung im Rahmen eines zweieinhalb-seitigen Schriftsatzes handelt. Solange er in der Sache die gerechtfertigten Interessen seines Mandanten wahrnimmt, macht er sich nicht strafbar.
Es bleibt der peinliche Eindruck, dass der dünnhäutige Oberstaatsanwalt einen streitbaren Anwalt gängeln wollte. Offen bleibt, ob trotz der offensichtlichen, erheblichen juristischen Schwächen der Anklage von der Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt werden wird. UPDATE 7.3.14: Die Staatsanwaltschaft Gera hat Berufung eingelegt.
Dabei ist die Sach-und Rechtslage ganz einfach zu beurteilen, denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass Bewusstsein und Wille eines Rechtsanwalts bei der Erteilung eines Rechtsrats oder bei der Prozessvertretung darauf gerichtet sind, pflichtgemäß zu handeln, und nicht etwa darauf, eine Straftat zu begehen oder eine solche des Mandanten zu fördern (BGH, NStZ 2000, 34).
Eine Beleidigung oder Verleumdung scheidet regelmäßig ebenfalls aus. Der Rechtsanwalt genießt besonderen Schutz durch die Rechtfertigung der Wahrnehmung berechtigter Interessen seines Mandanten gemäß § 193 StGB. Im „Kampf um das Recht“ darf er starke, eindringliche Ausdrücke und allfällige Schlagworte selbst gegenüber einer einzelnen Person benutzen (Bundesverfassungsgericht, NJW 2008, 2424, 2426; Kammergericht Berlin, (2) 1 Ss 470/09 und 120/08). Auch wenn sich die Äußerung als unbegründet oder substanzlos erweist oder scharf und verletztend formuliert ist, geht die Meinungsfreiheit weiter als der Persönlichkeitsschutz eines einzelnen Staatsanwaltes. Nur Schmähungen, d.h. Äußerungen, bei denen es jenseits auch polemischer, überspitzter oder gar ausfälliger Kritik nicht mehr um die Auseinandersetzung in der Sache, sondern um die Diffamierung einer Person geht, sind untersagt. Redliche Äußerung eines Rechtsanwalts, in welchen Gerichtsverfahren auch immer, dürfen nicht zu einer strafrechtlichen Ahndung führen, allein weil die Behauptung sich später als unrichtig oder unaufklärbar erweist (Bundesverfassungsgericht, zuletzt NJW-RR 2007, 840, 841), solange die Behauptung nicht bewusst wahrheitswidrig oder völlig unhaltbar ist.
Lesenswert zu diesem Thema: Oberstaatsanwalt Dr. Burr, StA Aachen, Wann macht sich der Anwalt strafbar? (ZAP, Fach 21, 229 ff. = KammerForum 3/2011, S. 77 ff.)
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