Wie besichtigt

Bei Kaufverträgen, insbesondere für Gebrauchtwaren finden sich immer wieder Klauseln wie „wie besichtigt“ unter gleichzeitigem Ausschluss der Gewährleistung.

Wie derartige Klauseln zu verstehen sind, hat der Bundesgerichtshof mit Urteil v. 6.4.16, VIII ZR 261/14 erneut zu bewerten gehabt.

 

In einer so genannten „Auftragsbestätigung“ fanden sich folgende Regelungen:

Wir liefern Ihnen […] im Zustand wie in unserem Lager vorhanden und von Ihnen  besichtigt.

An späterer Stelle unter dem Stichwort „Garantie“:

12 Monate auf … und 24 Monate auf …

 

Nachdem das Produkt nicht die gewünschten Kriterien erfüllte, erklärte die Käuferin Vertragsrücktritt und verlangte Schadenersatz. Landgericht und Oberlandesgericht wiesen die Klage ab, der Bundesgerichtshof hob das Berufungsurteil auf und verwies zur weiteren Klärung zurück.

Das Berufungsgericht habe nicht erwogen, ob der einleitende Passus der „Auftragsbestätigung“ angesichts der an späterer Stelle in eine gegenläufige Richtung weisenden Garantie der Beklagten nach dem insoweit maßgeblichen Empfängerhorizont der Klägerin überhaupt als ein Gewährleistungsausschluss verstanden werden kann oder ob darin nicht etwa nur ein warenbeschreibender Hinweis auf den im Zuge der Besichtigung konkretisierten und damit ausgesonderten Liefergegenstand (vgl. § 243 Abs. 2 BGB) gelegen hat.

Schon der Wortlaut der Vereinbarung, der ausschließlich auf den Zustand „wie besichtigt“ abstellt, spricht gegen einen umfassenden Gewährleistungsausschluss.

Zudem habe das Berufungsgericht nicht bedacht, dass Freizeichnungsklauseln – als Ausnahme von der sich aus dem dispositiven Recht ergebenden Haftung – grundsätzlich eng auszulegen sind. Gewährleistungsausschlüsse, die durch die Wendung „wie besichtigt“ an eine vorangegangene Besichtigung anknüpfen, beziehen sich in aller Regel nur auf bei der Besichtigung wahrnehmbare, insbesondere sichtbare Mängel der Kaufsache Wird dabei zugleich der Bezug zu einer Besichtigung des Käufers hergestellt, kommt es auf die Wahrnehmbarkeit des Mangels durch ihn und nicht darauf an, ob eine sachkundige Person den Mangel hätte entdecken oder zumindest auf dessen Vorliegen hätte schließen können und müssen

 

Fazit:

Die Kombination einer Klausel „wie besichtigt“ im Zusammenhang mit Gewährleistungsvorschriften oder Garantieregeln spricht gegen einen Gewährleistungsausschluss.

Sofern man eine Klausel „wie besichtigt“ als eine die Gewährleistung ausschließende Klausel verstehen mag, erstreckt sie sich nur auf für den Käufer sichtbare Mängel. Maßgeblich für die Frage der Sichtbarkeit ist nicht das Verständnis eines Fachmanns, sondern das des Käufers im Einzelfall.

Siehe auch meinen Beitrag: Gewährleistungsausschluss beim Gebrauchtwagenkauf

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert