Wann ist eine Unterschrift eine Unterschrift?
Einen Schriftsatz im Gerichtsverfahren beendet der Anwalt mit seiner Unterschrift, um zum Ausdruck zu bringen, dass es sich nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern um ein ernst gemeintes Schriftstück (z.B. § 130 Nr. 6 ZPO, § 345 Abs. 2 StPO). Dies gilt sowohl für das Original, als auch für die im Zivilprozess mitzuschickende beglaubigte Abschrift. Aber wann ist eine Unterschrift eine Unterschrift? Reicht der im Bild zu sehende Schriftzug aus? Die Gerichte mussten sich schon bis zum Bundesverfassungsgericht mit dieser Frage beschäftigen. Der Bundesgerichtshof (Beschluss vom 11.04.2013, VIII ZB 43/12) hat erneut entschieden, dass ein Namenszug flüchtig sein darf und nicht jeder einzelne Buchstabe klar erkennbar sein muss, oder die Unterschrift im ganzen lesbar sein muss, dass es sich aber um eine individuell geprägte Unterschriftleistung handeln muss, die dem äußeren Erscheinungsbild nach erkennen lassen muss, dass der Unterzeichner seinen vollen Namen und nicht nur eine Abkürzung (Paraphe) hat niederschreiben wollen. Ein Schriftzug, der nach dem äußeren Erscheinungsbild eine solche bewusste und gewollte Namensabkürzung nicht darstellt, genügt den Anforderungen an eine Unterschrift nicht. Wenn also nicht erklärlich ist, ob wirklich Absicht hinter der Erklärung steckt, oder es sich noch um einen Entwurf handeln könnte, lässt die Rechtsprechung das Schriftstück nur als Entwurf gelten. Legte man im obigen Bild die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes an, wäre dies keine wirksame Unterschriftleistung.
Im Gerichtsverfahren, in denen es in der Regel um die Einhaltung von Fristen geht (zum Beispiel Berufungseinlegung oder Begründung) erwartet die Rechtsprechung allerdings, dass das Gericht den unterzeichnenden Anwalt darauf hinweist, dass es Zweifel an der Unterschriftleistung hat. Sofern der Anwalt nachweist, immer in der monierten Art und Weise zu unterschreiben, wird ihm im Zweifelsfalle Wiedereinsetzung gewährt.
Diese Grundsätze gelten auch für Unterschriften unter Verträge, Kündigungserklärungen u.ä.. Auch hier ist der Nachweis möglich, dass derjenige immer so unterschreibt, um die Wirksamkeit einer Erklärung als solcher zu belegen. Wenn es aber um die Einhaltung einer Kündigungserklärung geht, oder wenn andere Erklärungen fristgebunden erfolgen müssen, gibt es keine Wiedereinsetzung, sondern die Kündigung wird erst zum nächsten Zeitpunkt wirksam, der Vertrag kommt mangels rechtzeitiger Annahmeerklärung nicht zu Stande.
Es empfiehlt sich also, auch wenn es schnell gehen muss, eine komplexere Unterschrift zu leisten.
P.S.: Selbstverständlich handelt es sich bei dem obigen Bild nicht um eine echte Unterschrift, schon gar nicht meine, sondern um ein Muster.
Schreibe einen Kommentar