Ohne Fahrradhelm = Mitverschulden?
Radfahrer ohne Fahrradhelm, die bei einem Unfall vermeidbare Kopfverletzungen erleiden, müssen sich den Vorwurf des Mitverschuldens gefallen lassen.
So sieht es jedenfalls ein Teil der Rechtsprechung (OLG Schleswig, zfs 2014 S. 258), während andere OLG´s meinen, dass normale Radfahrer sich diesen Vorwurf nicht machen lassen müssen, es sei denn, es handelte sich um ambitionierte Hobby-Rennradfahrer, denen es auf hohe Geschwindigkeit ankomme (OLG Düsseldorf, OLG Saarbrücken, OLG Celle). Das Oberlandesgericht Schleswig hat vor dem Hintergrund der unterschiedlichen obergerichtlichen Rechtsprechung die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen, der die Angelegenheit verbindlich entscheiden muss (Aktenzeichen VI ZR 281/13).
Meines Erachtens spricht viel dafür, dem OLG Schleswig zu folgen.
Ebenso wie ein Autofahrer, der seinen Gurt nicht anlegt, oder ein Skifahrer oder ein Reiter, der keinen Helm trägt, erhöht der Radfahrer ohne Fahrradhelm durch seine bewusste Entscheidung das Risiko der Eigenverletzung im Straßenverkehr. Die Frage des Mitverschuldens stellt sich unabhängig davon, ob das Tragen gesetzlich vorgeschrieben ist oder nicht, vielmehr muss geprüft werden, wie ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eines Eigenschadens handeln würde. Die Einteilung in harmlose Normalfahrer und sich selbst gefährdende Rennfahrer ist meines Erachtens nicht nur unpraktikabel, sondern auch vom Ansatz her falsch gedacht. Sowohl der Fahrer mit dem Holland-Fahrrad als auch der Fahrer eines High-Tech-Rennrades gehen ja nicht davon aus, zu Sturz zu kommen, sie werden vielmehr in der Regel das Opfer des Versagens anderer Verkehrsteilnehmer. Auf die Einteilung des Fahrrades abzustellen, die tatsächliche Verkehrssituation aber völlig auszublenden, greift zu kurz. Der Eigenschutz durch Tragen eines Helms ist zumutbar, mögen die Helme auch meist nicht besonders schön aussehen. Kurioserweise finden sich häufig Eltern, die ihren Kindern einen Fahrradhelm oder einen Skihelm selbstverständlich aufsetzen, selber aber keinen Helm tragen. Dies erscheint mir aber eher Ausdruck einer persönlichen Selbstüberschätzung als Ausdruck persönlicher Freiheit. Kinder sind nicht zwingend verletzungsanfälliger als Erwachsene. Natürlich bezieht sich die Frage des Mitverschuldens nur auf Kopfverletzungen, die bei Tragen eines Helms vermieden worden wären, nicht generell auf die Frage des Verschuldens. Wer also ohne Fahrradhelm bei einem Unfall eine Knieverletzung erleidet, muss sich keinen Mitverschuldensanteil anrechnen lassen, weil ein solche Verletzung durch einen Helm nicht vermieden worden wäre.
Der BGH hat aber am 17.6.2014 ein Mitverschulden verneint, da es keine gesetzliche Verpflichtung gibt und sich ein Bewusstsein der Verkehrskreise nicht entwickelt habe
Also ich trag einen. Ich will auf jeden Fall nicht draufgehen, nur weil mich ein Autofahrer übersieht. Ich werd damit zwar komisch angekuckt, aber das ist mir sowas von egal…