§ 201a StGB: Fotografieren verboten!
Mit dem 49. Strafrechtsänderungsgesetz vom 21.01.2015 sind zahlreiche Strafvorschriften geändert worden, unter anderem auch § 201a StGB und der besagt auch für Sie: Fotografieren verboten.
Diese Vorschrift ist keinesfalls nur unter dem Aspekt der Änderungen bei Sexualstraftaten oder Kinderpornographie zu sehen, sondern auch im Zusammenhang mit Fotos von Partys, am Strand, von Unfallopfern usw.
Natürlich ist die Überschrift zu plakativ, aber mit Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer
- eine Person in einer Wohnung oder gegen Einblicke geschützten Raum unbefugt fotografiert, filmt oder Aufzeichnungen überträgt
- eine Person in Hilflosigkeit derart behandelt
- und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt,
- eine unter den vorgenannten Umständen befugt hergestellte Bildaufnahme wissentlich unbefugt Dritten zugänglich macht,
- eine unter den vorgenannten Umständen erstellte Bildaufnahme gebraucht oder Dritten zugänglich macht
- Außerdem wird bestraft, wer unbefugt eine Bildaufnahme einer Person herstellt und einer 3. Person weitergibt, die das Ansehen der aufgenommenen Person erheblich schädigen kann.
- Und schließlich wird bestraft, wer Nacktfotos einer Person unter 18 Jahren herstellt oder anbietet, um sie gegen Entgelt an Dritte abzugeben oder selbst solche Fotos erwirbt.
Damit nicht gleich jeder Fotograf oder Videofilmer selbst bei harmlosen Aufnahmen im Gefängnis landet, gilt dies alles nicht für Handlungen, die in Wahrnehmung überwiegender berechtigter Interessen erfolgen, namentlich der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dienen.
Dennoch lässt das Gesetz viele Fragen offen.
Verständlich ist noch, dass man Menschen in einer Wohnung (es muss nicht die eigene sein!) ohne deren Einwilligung nicht fotografieren oder filmen darf und dies auch für ein umschlossenes Grundstück gelten soll. Auch das zunehmend beliebte Fotografieren oder Filmen mithilfe einer Drohne ist damit strafrechtlich untersagt.
Schwieriger wird es schon, wenn eine Party so aus dem Ruder läuft, dass am Ende ein Partygast „in den Seilen hängend“ fotografiert wird, weil hier die Frage zu stellen ist, ob ein solches Foto angesichts der Gesamtumstände einer Party möglicherweise gar nicht unbefugt hergestellt wird, sondern stillschweigend oder ausdrücklich ein Einverständnis besteht. Die Grenze ist natürlich dort erreicht, wo Personen schlafend auf der Toilette sitzend fotografiert werden, oder während sie sich im Garten übergeben. Aber ist jeder, der sich übergibt, hilflos im Sinne des Gesetzes?
Für denjenigen, der derartige Fotos weitergibt, ergibt sich das Risiko, dass eben kein Einverständnis unterstellt werden kann und damit auch allgemein scheußliche Fotos den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzen.
Befugt hergestellte Bildaufnahmen, deren Verbreitung unter Strafe gestellt wird, sind insbesondere private Nacktfotos oder Videofilme, die im Bett gedreht werden. Berühmtester Film dieser Gattung ist der Film „One night in Paris“ des IT-Girls Paris Hilton, der von einem Hacker entwendet wurde und im Internet verbreitet wurde.
Verboten wird die Verbreitung von unbefugten Bildaufnahmen, die geeignet sein müssen, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden. Was sich der geneigte Gesetzestextsleser hierunter vorstellen soll, weiß ich nicht. Vorsicht ist deswegen geboten, weil es auf eine Erwerbsabsicht nicht ankommt. Erfasst werden soll wohl der Bereich, der bei Aufnahmen außerhalb von Wohnungen und geschützten Räumen und bei fehlender Hilflosigkeit ohne Nacktheit und in allen Altersstufen möglich ist, aber wann schadet eine Aufnahme dem Ansehen „erheblich“, die den Aufgenommenen einfach nur in einer blöden Situation darstellt?
Weiter wird nunmehr auch die Anfertigung und der Vertrieb sowie der Erwerb von Bildaufnahmen, die minderjährige Kinder nackt zum Gegenstand haben. Damit aber nicht jede Szene am Badestrand gleich zur massenhaften Straffälligkeit führend, ist Voraussetzung, dass Anfertigung, Vertrieb und Erwerb gegen Entgelt gefordert werden.
Ob die gesetzlichen Regelungen alle dem Grundsatz der Bestimmtheit standhalten und damit auch verfassungsgemäß sind, wage ich an dieser Stelle zu bezweifeln. Für den Privatanwender ergibt sich der Rat, keine Personen in Wohnungen oder Gärten zu fotografieren, keine betrunkenen Personen oder unter Drogen stehende Personen, nicht in Krankenhäusern, nicht an Unfallstellen, es sei denn, sie sind Fotojournalist, dann dürfen sie auch hilflose Personen in schlimmsten Situationen fotografieren.
Eine Verbreitung von Fotos oder Videos, die nackte Menschen zeigen, sollten Sie auch unterlassen, weil häufig das Alter nicht genau feststellbar ist, gegen Entgelt sollten Sie derartiges nur anbieten, wenn sie Wissenschaftler sind, Forscher oder Lehrer an einer Hochschule sind, aber auch da muss man vorsichtig sein.
[…] Konsequenzen von Bildaufnahmen gegen den Willen einer Person habe ich bereits auf meinen Beitrag zu § 200 Abs. 1a StGB […]